28. September 2002:


Der Test!
Schwimmt das legendäre Tatra-Boot?
Die Wette:
Kann man mit diesem Boot über den Kanal schwimmen (ohne Motorrad)?
Jetzt wollen wir´s wissen!
Noch an diesem Tag wurde endlich eine der letzten offenen Fragen der Menschheit geklärt.
Das Schiedskomitee wurde um 14.00 Uhr bestimmt und legte dann die Regeln fest.
Stimmzettel und Siegerprämie lagen im „Jäger“ aus.

Der Bericht!

Das Tatra-Gespann Morgens früh um 7.00 Uhr war am 28. September 2002 schon Tag für die Betreiber des Rock & Blues Gasthofes "GRÜNER JÄGER" in Lingen. Für Kneiper eine ganz schön unchristliche Zeit. Aber heute sollte der Beiwagen des Betriebseigenen TATRA-Gespannes zu Wasser gelassen werden.
Für diesen spannenden Anlass musste das "Nutzfahrzeug" erst gewaschen und poliert werden. Das Gespann sollte sich für diesen großen Auftritt natürlich in Hochglanz präsentieren. Heiße Diskussionen waren diesem Tag vorausgegangen. Ein Stahlblech-Seitenwagen, der konstruiert wurde, um an ein Motorrad geschraubt Lasten zu transportieren, und dieses auch seit Jahren brav absolvierte, soll auch schwimmen können?
Niemand hat es bislang versucht. Ein Beiwagen ohne Kiel und mit flachem Boden, der dazu auch noch aus 5 mm dickem Riffelblech besteht soll mit einem Passagier an Bord über den Dortmund-Ems-Kanal schwimmen. Die Wetten gingen in die verschiedensten Richtungen. Die Einen waren sich sicher, dass das Boot direkt beim "Stapellauf" von der Slippanlage auf den Grund gehen würde. Andere waren schon zuversichtlicher und trauten dem Boot wohl zu, schwimmen zu können. Nur sein Besitzer, der ja keinerlei Erfahrungen mit Wassersport hat, wird was Ding wohl zu sehr schaukeln und dabei endgültig kentern. Nur wenige waren so überzeugt von Mann und Maschine, dass sie eine erfolgreiche Fahrt und gesunde Rückkehr für möglich hielten. 
Zuerst musste eine Bühne gebaut, ein Zelt darüber und Sonnen- (Regen-) Schirme für die Zuschauer aufgestellt werden. Als nächstes wurde die 8 Meter lange "Slippanlage" an die Bühne geschraubt. Erste Tests mit gewichtigen Helfern zeigten, dass noch ein paar Flensburger-Kisten die Bretter unterstützen mussten. Die Flaschen daraus waren zwischenzeitig bereits geleert, immerhin waren sie als Fender an dem Boot unverzichtbar. Dass dann wohl einige "Fender" mehr als nötig geleert wurden, war eher Nebensache und nicht weiter tragisch. Nun wurde das komplette Gespann auf die Bühne gefahren, die Demontage des Bootes konnte beginnen. Das Wettbüro hatte jetzt regen Zulauf und das Schiedskomitee entleerte noch einige "Fender" und diskutierte eifrig über die Route, die von dem TATRA-Boot abgefahren werden sollte. Mittlerweile sind auch die Taucher vom "Tauchclub Hydra Lingen e.V." bereit, den gesunkenen Beiwagen aus dem Kanal zu fischen.
Pünktlich ab 17.00 Uhr wurden keine Wetten mehr angenommen, das Boot wurde auf die Rampe gehievt und die Regeln vom Schiedskomitee vorgelesen: Falls der Bootsbesitzer Seppl es schaffen sollte, die Rutsche hinunter in den Kanal zu kommen, muss er es weiter schaffen, in der Schaukelkiste das Gleichgewicht zu halten. Nun geht es über den Kanal. Auf geradem Weg. Gelingt auch dieses, wird am anderen Ufer die Ladung gelöscht: eine Flasche Cola und ein Sechserpack Flens für die Streckenposten am anderen Ufer des Kanals. Ist auch dieses gelungen, geht es wieder zurück, Richtung "GRÜNER JÄGER". Um das ganze noch ein wenig spannender zu machen, muss in der Mitte des Kanals ein sauberer Kreis gefahren werden und anschließend, falls er immer noch nicht gekentert ist muss Seppl im Boot aufstehen und stehend in der Mitte des Kanals eine laute Rede an das Volk am Ufer richten. Spätestens jetzt sollte er das Gleichgewicht verlieren und die Taucher zum Einsatz kommen. Schafft er auch diese Herausforderung, darf er wieder zurück zur Slipanlage, dort wenden und wird rückwärts wieder auf die Bühne gezogen.

Ab jetzt gibt es keinen Halt mehr. Das Boot beginnt zu rutschen, wird langsam schneller und erreicht nach diesen acht langen Metern mit einem gewaltigen Klatsch die Wasseroberfläche. Eine Fontäne kaltes Kanalwasser spritzt hoch und schwappt in das Boot. Das Boot fängt an zu schwanken, droht zu kentern, wird dann aber doch von dem furchtlosen Kapitän stabilisiert. Nun geht es über den Kanal. Das Wasser wird tiefer, die mit einem Accuschrauber angetriebene Schiffschraube schiebt den Koloss aus Stahl vorwärts. 
Am anderen Ende des Kanals wartet jetzt die nächst Aufgabe. Der Proviant muss übergeben werden. Wegen des starken Tiefganges kommt das Boot nicht weit genug ans Ufer. Auf dem Paddel, das als Notantrieb mit an Bord ist, wird die Flens-Kiste rübergehievt. Ziemlich rutschig das ganze, aber geschafft. Die Wende, und wieder zurück in die Mitte des Kanals. Hier reißt sich die Antriebschraube aus dem Futter des Accubohrers. Ab jetzt geht es nur noch mit dem Paddel weiter. Das geht eh leichter, damit kann man wesentlich besser das Gleichgewicht halten. Der Kreis, der jetzt gefahren wird, hätte aus der Vogelperspektive wohl eher nach einem zerplatzten Ei ausgesehen, wurde aber von der Juri akzeptiert. Spätestens nach der gestandenen Ansprache an das gemeine Volk am Ufer wussten diejenigen, die gegen das TATRA Boot gestimmt haben, dass ihr Wetteinsatz gerade im Kanal verschwunden ist. Das Zurückschwimmen und rückwärts an der Slipanlage Anlegen war jetzt nur noch eine Formsache. 
Beim Hochziehen über die Slipanlage passierte nun doch ein Missgeschick. Das Boot rutschte seitlich ab, Seppl musste direkt an der Rampe aussteigen und stand nun direkt am Ufer des Dortmund-Ems-Kanals. Diese Schwäche wurde natürlich direkt schamlos ausgenutzt und Seppl durfte unfreiwillig den Bergetauchern im Kanal Gesellschaft leisten. Aber Die Wette war gewonnen. Das Boot hat seine vorgeschriebene Strecke absolviert und ist wieder (fast) trocken an Land gekommen.
Wichtig allerdings war an diesem Tag, dass alle Teilnehmer auf ihre Kosten gekommen sind und ordentlich Spaß und ein spannendes Erlebnis hatten. Um 20.00 Uhr ging es dann mit der Siegerehrung weiter und Seppl bekam eine Krone aufgesetzt, die er den ganzen Abend tragen musste. Sah ganz schön scheiße aus, aber er und das Tatra-Boot haben gezeigt, dass ein alter Beiwagen noch mehr kann, als nur Tag für Tag neben seinem Motorrad herzufahren und Bierfässer zu transportieren.

Die Bilder von dieser Testfahrt

Weitere Hintergrundinfos zu dem einmaligen TATRA - Gespann